Ratgeber: Meine Trauer wird dich finden

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Ratgeber: Meine Trauer wird dich finden

Trauerratgeber gibt es viele, die Menschen dabei helfen sollen, den Verlust des verstorbenen und geliebten Menschen zu überwinden. Am Anfang erscheint das unmöglich, und die Trauernden sind für jede Hilfestellung dankbar, die man ihnen geben kann. Denn der Weg zurück ins Leben ist nach wie vor schwer und braucht seine Zeit.
Der Ratgeber „Meine Trauer wird dich finden – Ein neuer Ansatz in der Trauerarbeit“ von Roland Kachler ist ein Trauerratgeber, der neue Wege gehen möchte. Der Autor ist Psychotherapeut und zugleich Betroffener, hat er doch vor einigen Jahren seinen sechzehnjährigen Sohn durch einen Verkehrsunfall verloren, wie er schreibt. Dabei hat er die Erfahrung gemacht, dass ihm die üblichen Ansätze der Trauerarbeit nicht weiter geholfen haben, sondern er für sich einen anderen Weg finden musste.
Diesen Weg beschreibt er in seinem Buch. Seine zentrale Erkenntnis ist dabei, dass mit dem Tod die Liebe zu der verstorbenen Person natürlich nicht gestorben ist, denn diese Liebe erzeugt ja gerade den großen Schmerz und die Trauer. Und an dieser Liebe möchte der trauernde Mensch auch fest halten, so seine Erkenntnis. Er wollte die Liebe zu seinem Sohn nicht aufgeben, er wollte nicht loslassen und ihn aus seinem Leben verbannen, wie es üblicherweise empfohlen wird, sondern er wollte diese Liebe aufrecht erhalten und sie zu einer neuen Form führen, einer inneren Liebe.

Ein neues Verständnis von Trauerarbeit

Der Autor versteht die Trauerarbeit daher als Beziehungsarbeit, die dabei helfen soll, den verstorbenen Menschen nach wie vor als präsent zu empfinden und ihm seinen Platz in der Familie und im Herzen der Hinterbliebenen zu lassen. Die Beziehung zu ihm wird durch die Trauerarbeit dabei umgestaltet, die Liebe aber bleibt bestehen.
In den ersten drei Kapiteln legt der Autor dar, warum er die üblichen Ratschläge zur Trauerarbeit nicht für zielführend hält. Er stützt sich dabei auf neueste Erkenntnisse aus verschiedenen therapeutischen und psychologischen Richtungen, die seine Aussagen bekräftigen sollen.
Als ersten Punkt greift er dabei auf, dass Trauerarbeit eben nicht Abschied von der Liebe bedeuten sollte, wie es sonst üblicherweise empfohlen wird. Die Liebe zu dem Verstorbenen kann in dieser Phase sogar besonders intensiv empfunden werden, und dieses Gefühl solle man ruhig zulassen, anstatt dagegen anzugehen. Seine Ausführungen erscheinen dabei sehr nachvollziehbar, zumal er unterstreicht, dass die Toten schon immer im Alltag der Lebenden präsent waren und das Loslassen ein eher neues Konzept ist. Er verweist dabei auf den Ahnenkult, bei dem die Verstorbenen immer noch als Familienmitglieder wahrgenommen und erinnert werden. Sein Ansatz in der Trauerarbeit ist es daher, die Beziehung zum Verstorbenen weiter zu leben.

Schritte auf dem Weg

In den weiteren Kapiteln des Buches begleitet er den Leser Schritt für Schritt auf seinem Weg zu einer neuen Beziehung zu dem Verstorbenen. Er erklärt zu Beginn immer kurz, worum es ihm bei diesem speziellen Schritt geht und gibt dann konkrete Hilfestellungen, wie man als Trauernder den Schritt bewältigen kann. So empfiehlt er zum Beispiel, dass man seiner Liebe zum Verstorbenen noch einmal physisch Ausdruck verleihen soll, indem man den Toten noch einmal sieht, mit ihm spricht und ihm letzte Liebesdienste erweist wie ihn anzukleiden oder eine kleine Gabe beizugeben. Nach seinem Verständnis erfüllt man so sein Bedürfnis, die Liebe weiter aufrecht zu erhalten.
In den weiteren Schritten leitet der Autor den Leser dazu an, für sich einen sicheren Ort zu finden, an dem der Verstorbene weiter empfunden und gespürt werden kann. Das kann das Grab sein, aber auch ein innerer Ort, an dem man sich den Verstorbenen friedvoll vorstellen kann. Er ermuntert auch dazu, aktiv die Erinnerung zu suchen und besondere Orte zu besuchen, an denen man sich dem verstorbenen Menschen besonders nahe fühlt. Alles ist erlaubt, nichts muss losgelassen werden, auch äußerlich muss man nicht sofort mit Veränderungen wie dem Ausräumen des Zimmers beginnen.
Seine Ausführungen erläutert der Autor dabei mit Beispielen, konkreten Tipps, kleinen Aufgaben und etlichen Imaginationsübungen, die dabei helfen sollen, diese neue innere Art der Beziehung aufzubauen. So soll das Ziel erreicht werden, dass am Ende mit dem Verstorbenen als inneres Gegenüber eine neue, liebevolle Beziehung weiter geführt wird, die aber Freiräume erlaubt und dem Lebenden auch die Gelegenheit gibt, irgendwann einmal eine neue – andere – Liebesbeziehung mit einem anderen Menschen in dieser Welt einzugehen, ohne dass die Beziehung zum Verstorbenen abgebrochen werden muss.
Das Buch ist einfühlsam und in einem gut lesbaren Stil geschrieben, die Übungen ausführlich genug formuliert, dass der Leser sie für sich nachvollziehen und durchführen kann, und der Autor wirkt durch seine eigene Erfahrung mit dem Verlust seines Sohnes sehr authentisch. Für viele Menschen ist daher dieser neue Ansatz in der Trauerarbeit sicher sehr interessant und hilfreich, da er ihre Gefühle wahrnimmt, zulässt und nicht eine diametral entgegengesetzte Strategie empfiehlt. Sicher wird nicht alles für jeden Trauernden hilfreich sein, aber für viele kann das Buch eine echte Hilfestellung auf einem langen und schmerzvollen Weg sein.
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